Mittwoch, 20. Februar 2008

Meine Styling-Show

Nein, ich beabsichtige nicht, meine Zeit ab sofort in erster Linie mit Unterschichtenfernsehen zu verplempern. Aber nachdem ich am Vorabend mal wieder die Grandiose Doku "Venus Boyz" gesehen hatte, wollte ich einfach mal sehen, was denn Weiblichkeit im öffentlich-rechtlichen Vorabendprogramm ausmacht. Und nachdem die Zeit in der vergangenen Woche schon darauf hingewiesen hatte, dass für diese Show ja immerhin Gebühren ausgegeben werden, war das Interesse geweckt.
Also gut, was sagen über Bruce Darnell. Ein magersüchtiger "Styling-Guru", der durch die Show hibbelt, wie sich das deutsche Fernsehen wohl einen Quoten-Schwulen vorstellt. Keine Ahnung, wie der Gute privat wirklich ist, aber seine Show-Persönlichkeit stammt offensichtlich aus diversen Film-Klischees der letzten 20 Jahre.
Zum Fall: Bäuerin (Steffi) wird Ballkönigin. Eigentlich ganz schnell erzählt: Elegantes Outfit, geübtes Stöckeln, Salsa-Kurs für Anfängerin, Haare Färben. Das Ergebnis sieht aus wie Veronica Ferres in der Kaviar-Protein-Werbung, also wie ein abgewrackter Filmstar der es noch einmal wissen will. Unterwegs erklären uns Bruce und Co noch, was wichtig ist. Steffis Fahrstil ("Sie ist gefahren wie ein Mann") ist offensichtlich ein absolutes Styling "No go!". Und ansonsten gilt: Wer schön sein will, muß leiden ("Bisher hat sie ja eher bequeme Schuhe, bequeme Hosen [...] getragen, es wird jetzt Zeit für was elegantes." Katja, Stylistin).
Insgesamt also ein schöner Einblick ins geschlechterpolitische Mittelalter, das die Gedankenwelten der öffentlich-rechtlichen Programmacher beherrscht. Aber wir kriegen ja nur das, was wir verdienen. Eine Freundin, die den Fernseher aus ihrer Wohnung verbannt hat und dies der GEZ mit der Begründung mitteilte, das Programm sei zu schlecht, bekam sinngemäß die Antwort, man sei untröstlich aber müsse leider auch langweilige Kultur- und Politikprogramme zeigen. Offensichtlich dient das Fernsehen wirklich nur noch der Befriedigung der Eitelkeit von uns Rezensenten, wenn wir schreiben können, wie fürchterlich alles sei. Schade drum.

Montag, 18. Februar 2008

Steuerflucht reloaded... Teil I

Es dürfte eigentlich nicht mehr lange dauern, die ersten Anzeichen mehren sich. Jetzt, wo sich der erste mediale Rauch verzieht, kriechen die Apologeten des Steuerbetruges aus ihren Schützengräben und versuchen, die Deutungshoheit wieder an sich zu ziehen. Flankiert von der FAZ geht es dem FDP-Abgeordneten Stadler dann nicht mehr um das Fehlverhalten der Wirtschaftselite, sondern um die ach so unmoralische Weise, auf die der Staat seine Erkenntnisse gewonnen hat. Und schon bald werden die ersten hervorkommen, die Steuerflucht als legitime Notwehr bezeichenen, gegen einen gierigen Staat der die sogenannten Leistungsträger aussaugt. Aber noch sind alle geschockt, noch gilt die Schamfrist. Noch kann ein CDU-Innenminister formulieren, die Eliten gefährdeten den sozialen Frieden. Aber bald nicht mehr. Die Debatte über Steuersenkungen für die Reichsten wird kommen. Damit sie überhaupt hier wieder Steuern zahlen wollen. Bald ist es so weit.

Samstag, 16. Februar 2008

Frauenrechte beleidigen den Islam

Kleine Meldung zwischendurch: In Afghanistan, im Mandatsgebiet der deutschen Truppen, wurde ein Journalist zum Tode verurteilt, weil er einen kritischen Artikel über Frauenrechte im Islam unter Studenten verteilt hat, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Donnerstag, 14. Februar 2008

Wer die Macht hat, lacht zuletzt - Georg M. Oswald, Vom Geist der Gesetze

Der Zeit hat er nicht gefallen. Unterhaltsam, ja, aber zu gefällig, zu nett, zu Strickmusterartig. Deshalb möchte ich hier an dieser Stelle eine Lanze brechen für Georg M. Oswalds Roman "Vom Geist der Gesetze". Selten wurde das gegeneinander "Ihr da oben - wir da unten" so beiläufig, elegant, fast champagnerartig prickelnd ausgebreitet. Die kleinen Leute kämpfen und es sieht so aus, als könnten sie gewinnen, doch für die Großen gibt es immer einen Deus ex machina, der alles wieder geraderückt. Wer hat, dem wird das Happy End gegeben. Köstlich!

Mittwoch, 13. Februar 2008

Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts...

Wie gerade aktuell berichtet wird, soll der Brockhaus ab Mitte April kostenlos im Internet abrufbar sein. Ganz klar eine Reaktion auf die Wikipedia, die trotz diverser Probleme dem Brockhaus im Umfang und teilweise auch bei der Qualität der Artikel eine klare Konkurrenz ist - allen "Edit-Wars" zum Trotz. Und die Aktualität ist auch nicht zu verachten, denn das neue Brockhaus-Geschäftsmodell hat hier z.B. schon den Weg ins Lexikon gefunden. Anscheinend reicht die Marktmacht nicht mehr aus, eine 2800 Euro teure Enzyklopädie zu vertreiben, aber vielleicht bringen die Werbeeinnahmen ja die Rettung.

Andererseits muss man auch nicht immer alles wissen. So müssen die Angeklagten im Guantanamo-Prozess aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht wissen, was ihnen eigentlich so genau zur Last gelegt wird. Wie der Druck auf Arbeitslose so groß werden konnte, dass sie vermeintlich Konkurrenten ermorden oder sich zu Tode hungern, das möchte die weiter gegen Sozialschmarotzer hetzende Bildzeitung lieber nicht wissen. Und dass ich mich immer noch darüber aufrege, möchte eigentlich auch niemand wissen. Nicht wissen macht nämlich nichts...