Mittwoch, 25. April 2007

[Rezension] Titus Keller - Aussortiert (Krimi)

So so, ein bekannter deutscher Autor hat also unter Pseudonym einen Krimi geschrieben. Das ist erstmal interessant. Der Krimi spielt in Berlin. Das ist ein interessantes Setting, da die Provinz doch die deutsche Krimilandschaft prägt. Die Story handelt von Serienmorden, bei denen die Opfer scheinbar wegen moralischer Verfehlungen ausgesucht werden (SIEBEN lässt grüßen) - das ist zwar nicht neu, verheißt aber Spannung. Und natürlich ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint - so bleiben Überraschungen im Verlauf des Buches nicht aus.
Worum geht's? In Berlin werden in kurzer Folge mehrere Männer ermordet, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben - ein leitender Angestellter wird im Porno-Kino beim masturbieren stranguliert, ein amerikanischer Tourist bei Burger King mit einer vergifteten Coke getötet, einem Freier wird auf dem Straßenstrich beim Oralverkehr der Kopf weggeschossen. Doch bei allen Opfern finden sich mit Lila Tinte geschriebene Zettel in der Art "Zu fett für Gott, das Schwein. Aussortiert. Hallelujah". Die Polizei befürchtet einen Serientäter, die Presse wittert eine Sensation. Besonders Skandalreporter Jimmy Kistner von der "Schweinezeitung" mischt sich ein und behindert die Ermittlungen von Hauptkommissar Kai Nabel und er SOKO Lila. Doch dann wird Kistner ebenfalls Opfer des Mörders und bei ihm taucht eine Liste auf, die offensichtlich Kokainkonsumenten aufführt. Ebenfalls auf der Liste: Nabels Kollegin Lidia. Und was haben die ukrainische Mafia und das Drogendezernat mit der Mordserie zu tun?
Alles vielversprechende Zutaten, aber so ganz will der Funke nicht überspringen. Die Figuren sind sympathisch kaputt (wie kaputt, zeigt das überraschende Ende), die Dialoge spritzig und als Roman funktioniert das ganze gut. Doch auch wenn Titus Müller ein guter Schriftsteller ist - ein guter Krimiautor ist er eben nicht. Die Spannung bleibt im Keller, die Frage, was als nächstes geschieht und wie Nabel, Lidia und Ahmed den Fall lösen, sorgt nicht für abgekaute Fingernägel - die Story, das tragende Gerüst eines jeden Krimis, plätschert eher vor sich hin.
Schade eigentlich, denn die Charaktere und das Ambiente haben wirkklich Potential. Hoffentlich gelingt es Müller, in einem Folgeroman das Genre in den Griff zu kriegen, denn schlecht ist "Aussortiert" nicht. Aber leider auch nicht richtig gut.Ich warte jedenfalls auf den Nachfolger, der hoffentlicht einlöst, was der Erstling nur versprach. Für Kai Nabels ersten Fall hingegen gilt: "Zu leidenschaftslos für Gott, das Buch. Aussortiert. Gloria in excelsis!"
J.

Titus Keller, Aussortiert
Eichborn Berlin 2007
275 Seiten. 18,90€

[Zuerst veröffentlicht auf: buechertreff.de]

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